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Von der Idee zur Serienfertigung: Worauf es beim Design optischer Komponenten für den Spritzguss ankommt

Erfahren Sie, wie sich Polymeroptiken für den Spritzguss optimal gestalten lassen – mit praxisnahen Empfehlungen unseres Experten Dr. Florian Tomiak zu Angussposition, Einsätzen, Entformschrägen und mehr.

Mitarbeiter in Triptis in Reinraumkleidung

Die Nachfrage nach leistungsfähigen polymerbasierten optischen Komponenten steigt stetig – insbesondere in Bereichen wie der Medizintechnik, Sensorik, Augmented Reality & Virtual Reality (AR/VR) sowie Beleuchtung. Polymeroptiken bieten klare Vorteile: Sie sind leicht, kosteneffizient und ermöglichen eine hohe Gestaltungsfreiheit. Doch gerade diese Freiheit erfordert ein tiefes Verständnis für der fertigungstechnischen Rahmenbedingungen.

Wie lassen sich optische Komponenten gestalten, um eine präzise, reproduzierbare und skalierbare Produktion im Spritzgussverfahren zu ermöglichen? Und welche Rolle spielen dabei Anspritzpunkt, Auswerfer oder Ausformschrägen?

In diesem Interview teilt Dr. Florian Tomiak, Senior Experte für die Herstellung von Polymeroptiken bei Jenoptik, Einblicke in den Übergang vom Design zur Produktion – und erklärt, warum eine frühe Abstimmung zwischen Konstruktion und Werkzeugbau entscheidend für den Erfolg ist.

Dr. Tomiak, vielen Dank, dass Sie Ihre Erfahrungen und Ihre Expertise im Bereich Polymeroptiken teilen. Was sind die Hauptunterschiede zwischen dem Design von Polymeroptiken und Glasoptiken?

Dr. Tomiak: Es gibt viele Unterschiede, heute möchte ich mich auf die wesentlichen Differenzen im Fertigungsprozess konzentrieren. Während Glasoptiken typischerweise geschliffen, poliert oder gepresst werden, entstehen Polymeroptiken meist im Spritzgussverfahren – ein Verfahren, das eher mit Gießen vergleichbar ist. Das eröffnet eine weitaus größere Gestaltungsfreiheit, vor allem bei komplexen Geometrien oder der Integration zusätzlicher Funktionselemente.

Das heißt, Sie können mehrere Funktionen in einem Bauteil vereinen?

Ganz genau. Mit Polymeroptiken lassen sich nicht nur optische, sondern auch mechanische oder sogar elektronische Funktionen direkt integrieren – etwa Montageelemente, Gehäuse, Filmscharniere und vieles mehr. Aber diese kreative Freiheit hat einen Haken: Was im Design funktioniert, muss auch in der Produktion realisierbar sein.

Welche Designfaktoren sind am wichtigsten für eine reibungslose Fertigung?

Einer der kritischsten Punkte ist der Anguss – also der Einspritzpunkt, an dem das geschmolzene Polymer in die Form gelangt. Wird er ungünstig positioniert, entstehen innere Spannungen oder optische Defekte an sensiblen Stellen. Deshalb sollte der Angussbereich von Anfang an berücksichtigt werden – idealerweise in nicht-optischen oder optisch irrelevanten Bereichen.

Das klingt nach einem Aspekt, der leicht übersehen werden kann. Gibt es weitere sensible Stellen?

Auf jeden Fall. Denken Sie an die Auswerfer – kleine Stifte, die das Teil aus der Form drücken. Wenn sie aktive optische Flächen berühren, hinterlassen sie Spuren oder verursachen Verformungen. Und dann wären da noch die sogenannten Entformungsschrägen – leichte Neigungen an den Seitenwänden, die das Entformen erleichtern.

Also ein bisschen wie Eiswürfel aus der Form drücken – ohne Schräge bleiben sie hängen?

Exakt! Ein sehr guter Vergleich. Ein Bauteil mit exakt senkrechten Wänden bleibt in der Form hängen und verformt sich beim Herauslösen. Eine Schräge von nur 1 bis 3 Grad sorgt dafür, dass sich das Teil sauber entformen lässt – das spart Zeit, Kosten und Ausschuss.

Worauf müssen Konstrukteure bei optischen Einsätzen achten?

Einsätze sind die Werkzeugteile, welche die optischen Flächen in der Form definieren. Sie müssen extrem präzise gefertigt werden – daher setzen wir auf Ultrapräzisionsbearbeitung mit Diamantwerkzeugen, gefolgt von einem Polierschritt.

Was sind dabei die typischen Herausforderungen?

Eine große Herausforderung sind scharfe Kanten. Je schärfer die Geometrie, desto höher das Risiko für Risse. Zudem führen diese Bereiche oft zu Oberflächenschwankungen oder optischen Unregelmäßigkeiten. Daher empfehlen wir, die freie Apertur etwas kleiner als den Einsatzdurchmesser zu halten und einen minimalen Kantenradius einzuplanen. Für bestimmte Anwendungen, etwa Fresnel-Strukturen, sind scharfe Kanten jedoch essenziell. Wir verfügen über Werkzeuge und viel Erfahrung, um auch solche Geometrien präzise umzusetzen – das würde aber den Rahmen dieses Gesprächs ausweiten.

Was passiert, wenn der Materialfluss in der Form nicht sauber gesteuert wird – zum Beispiel mit sogenannten Weld Lines?

Wenn das Polymer eingespritzt wird und sich über mehrere Wege im Werkzeug verteilt oder durch Geometrien getrennt wird, treffen die Fließfronten irgendwann wieder aufeinander. Dort entsteht eine sogenannte Weld Line – eine sichtbare Naht, die unter bestimmten Lichtbedingungen besonders auffällt.

Und diese Nähte beeinträchtigen tatsächlich die optische Qualität?

Absolut. In diesen Bereichen entstehen innere Spannungen und anisotrope Molekülausrichtungen, was zu Verzerrungen, Doppelbrechung oder unerwünschter Lichtstreuung führen kann. Eine mögliche Lösung ist das Spritzprägen: Dabei wird das Polymer in eine teilgeöffnete Form eingespritzt und anschließend verdichtet. Das verhindert Fließfrontkollisionen und sorgt für ein homogeneres Bauteil. Allerdings hängt der Erfolg stark von der Geometrie ab.

Mitarbeiter in Triptis am PC

Was sind typische Designfehler – und wie lassen sie sich vermeiden?

Oft sehen Designs auf den ersten Blick perfekt aus – optisch wie funktional. Doch bei genauerem Hinsehen liegen bestimmte Flächen zu nah an Trennlinien, oder Auswerferpositionen treffen auf kritische optische Bereiche.

Also Probleme, die durch frühzeitige Abstimmung vermeidbar wären?

Genau. Viele dieser Stolperfallen lassen sich frühzeitig vermeiden, wenn Design und Fertigung Hand in Hand arbeiten. Das spart Zeit, senkt Kosten und bringt Produkte schneller auf den Markt. Es macht auch einfach mehr Spaß, gemeinsam gute Lösungen zu entwickeln.

Kein Alt Text hinterlegt.

Können Sie ein typisches Beispiel aus der Praxis nennen, das diesen Abstimmungsprozess verdeutlicht?

Natürlich. Bei einem Medizintechnikprojekt arbeiteten wir an einem sehr kompakten optischen System mit hoher Abbildungsgenauigkeit und extrem begrenztem Einbauraum. Das ursprüngliche optische Design sah auf dem Papier großartig aus – ließ jedoch fast keinen Spielraum für eine ideale Platzierung von Anguss und Auswerfer. Dies war zunächst in CAD nicht offensichtlich, wurde jedoch während der Simulation und der Werkzeugkonstruktion kritisch.

Gemeinsam mit dem Kunden nahmen wir eine kleine Anpassung vor: Wir behielten die optische Funktion bei, verschoben jedoch die Trennlinie leicht und optimierten den Entformungsschräge. Das Ergebnis? Das Teil konnte zuverlässig und kostengünstig hergestellt werden. Der Prototyp funktionierte auf Anhieb – und die Serienproduktion verlief nahezu fehlerfrei.

Erfahrungen wie diese zeigen mir, wie viel reibungsloser alles läuft, wenn alle frühzeitig einbezogen werden – sowohl aus der Konstruktion als auch aus der Produktion.

Das kann ich gut nachvollziehen – und wahrscheinlich versteht man die Bedeutsamkeit besonders, wenn man erlebt hat, wie groß der Unterschied sein kann.

Ultrapräzisionsdrehen mit Diamantwerkzeugen

Zum Abschluss noch drei kurze Fragen an Sie – ganz spontan. Auf welches Werkzeug oder Verfahren könnten Sie niemals verzichten?

Ultrapräzisionsdrehen mit Diamantwerkzeugen. [Anm. d. Red.: siehe Bild rechts]

Was überrascht Kunden beim ersten gemeinsamen Projekt am meisten?

Wie stark das Design die Fertigungsqualität beeinflusst – und wie früh die Fertigung eingebunden werden sollte.

Wo sehen Sie das größte Potenzial für Polymeroptiken in den nächsten Jahren?

In kompakten Sensorsystemen mit integrierter Optik – insbesondere für medizinische, mobile und vernetzte Anwendungen.

Dr. Tomiak, vielen Dank für Ihre Zeit und die spannenden Einblicke.

Danke – solche Gespräche sind eine tolle Gelegenheit, Wissen zu teilen und neue Lösungen zu entwickeln.

Polymeroptiken

Fazit

Hochpräzise Polymeroptiken entstehen nicht erst durch moderne Fertigung – sie beginnen mit einem Design, das Prozessanforderungen versteht und berücksichtigt. Wenn die Gestaltung optischer Systeme mit den Möglichkeiten und Grenzen des Spritzgusses abgestimmt ist, ergibt sich eine bessere Performance, höhere Ausbeute und weniger Überraschungen im weiteren Verlauf.

Details wie Anspritzposition, Auswerferzonen, Ausformschrägen oder Einsatzgeometrien entscheiden darüber, ob ein Teil nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Realität funktioniert. Deshalb ist die frühe Zusammenarbeit zwischen Konstruktion und Fertigung nicht nur hilfreich – sondern entscheidend.

Jenoptik – Ihr Partner für präzise Polymeroptiken

Mitarbeiterin in Reinraumkleidung in Triptis

Jenoptik entwickelt und fertigt hochpräzise optische Systeme aus Polymer – vom ersten Konzept bis zur Serienproduktion. Mit über 40 Jahren Erfahrung, eigener Werkzeugfertigung und hochautomatisierten Prozessen bieten wir maßgeschneiderte Lösungen für Medizintechnik, Sensorik, Industrieoptik, AR/VR und mehr.

Sie planen ein Projekt mit polymerbasierten optischen Komponenten?

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